Wer auf der Langen Reihe in St. Georg mit Hund unterwegs ist, muss sich nicht wundern, wenn dieser in Nähe der Schmilinskystraße an Tempo zulegt. Und bevor sich sein Mensch versieht, stehen beide schon mitten drin – im Wunderland der Pet Shop Boyz.
Es sind nur ein paar knallrot lackierte Stufen, die Hamburgs Vierbeiner vom Himmel auf Erden trennen. Doch ist diese Hürde erst einmal genommen, gibt es kein Halten mehr. Köstlichkeiten und Spielzeug warten in jeder Ecke und wollen entdeckt sein und wer weiß, was es sonst noch alles gibt? Wie schön, dass Ableinen hier nicht nur erlaubt, sondern erwünscht ist. So kommt Hund in den Genuss diverser Leckerlis und Mensch kann sich bei einer Tasse Kaffee oder Tee entspannen – ganz gleich, wie hoch der Einkaufsbon ausfällt, denn: Fürsorge gehört zum Programm, jeder Gast ist willkommen bei den Pet Shop Boyz. Und genauso fühlt es sich an. Also beginnt auch Frauchen zu stöbern und eh man sich versieht, steckt man mittendrin im Gespräch mit Gastgeber Mathias Hoffmann. Kein Wunder, denn der sympathische Mann mit dem strahlenden Lächeln hat eine ganze Menge zu erzählen. Zum Beispiel davon, wie alles begann.
„Als Hundebesitzer habe ich immer ein Geschäft gesucht, in dem ich nicht nur schöne Leinen und Kissen bekomme, sondern alles für den täglichen Bedarf und das in bester Qualität“, so Hoffmann, „aber da gibt es nichts. Irgendwann bin ich morgens aufgewacht und dachte: Dann mache ich es eben selbst.“
Ein Glück, möchte man ergänzen, denn sein Kolonialwarenladen „Pet Shop Boyz – für Hund, Katz’ und anderes Getier“ ist eine absolute Bereicherung der Handelslandschaft – nicht nur in Sachen Sortiment. Wer den 120 qm großen Laden mit den hohen Stuckdecken betritt, wird allein schon an der liebevollen Gestaltung seine Freude haben. Sie trägt unverkennbar die Handschrift des gelernten Innenarchitekten. So bildet ein großer, blühender Baum umgeben von Körben und Kisten voll Rinderohren und anderer Kauartikel den Mittelpunkt des vorderen Verkaufsraums; in den Regalen stehen fein geordnet Tüten, Dosen und andere Packungen – bekannt die einen, exotisch die anderen. Eine alte Registrierkasse neben hohen Bonbonieren komplettiert den Eindruck, sich in einem typischen Kolonialwarenladen zu befinden, Dielenboden und alte Fliesen sorgen für Behaglichkeit. Das scheint auch Oda zu denken, Hundedame und Hüterin der allgegenwärtigen Leckereien, die es sich mitten im Laden gemütlich macht. Während sich Jule noch mit einem Stück Konfekt aus Rinderleber beschäftigt, zieht es Frauchen weiter in den hinteren Teil des Geschäfts.
Hier gibt es alles für den liebsten Zeitvertreib eines Hundes – vom Fressen einmal abgesehen – denn unter einem weiß-blau gemalten Wolkenhimmel verheißen allerlei Kissen und Körbchen süße Träume. Ein wahrer Traum sind denn auch die handgenähten Hundebetten des Berliner Labels „Pillow Cake“ – sowohl vom Design her wie auch von den Materialen. Es gibt sie mit und ohne Monogramm, passendes handgearbeitetes Spielzeug ist ebenfalls erhältlich und weil künstliche Verknappung immer gut fürs Geschäft ist, hat sich Mathias Hoffman die Exklusivrechte für Hamburg gesichert. Überhaupt hat dieser Mann ein Händchen für das richtig Gute, und zwar über alle Sortimente hinweg. Beste Rohstoffe, beste Materialien – Luxus eben, „aber ohne Bling-Bling“, wie er sagt. Strassverzierte Halsbänder sind in dem Laden mit der gepunkteten Fassade deshalb ebenso wenig zu finden wie Kosmetik, von Hundeshampoo einmal abgesehen. „Andere Fachgeschäfte im oberen Preissegment bedienen diesen Geschmack zu Genüge“, lautet sein Argument, „Pet Shop Boyz soll etwas Einzigartiges sein. In jeder Hinsicht.“
Genau wie bei Innenarchitektur und Sortiment hat er auch beim Corporate Design nichts dem Zufall überlassen: der Hamburger Kreative Jan Schawe – vielen durch sein „Mutterland“ bekannt – entwickelte den Gesamtauftritt. Dass dieses Konzept ankommt, erfahren Hoffmann und sein Team nicht nur von Kundenseite, die inzwischen auch in der Schweiz und in London zu finden ist. Vielmehr ist es die wohlwollende Aufmerksamkeit der Medien. Gerade hat das Magazin „Dogs“ das tierische Wunderland ausgezeichnet. In der Kategorie „Hundeshop des Jahres“ erhielten die Pet Shop Boyz den Dogs Award 2012.
Doch soviel Lob ist für den kreativen Geschäftsmann kein Grund, um sich auf den Lorbeeren auszuruhen. Bei aller Liebe zu den schönen Dingen ist es die Beratung seiner zwei- und vierbeinigen Gäste, die ihm am Herzen liegt. Da ist Weiterbildung angesagt. Zu diesem Zweck tauscht er sich regelmäßig mit einer Tierheilpraktikerin und einer Physiotherapeutin aus. „Wenn es dir Spaß macht“, würden sich Oda und Jule lakonisch zu Wort melden, wenn sie sprechen könnten. Doch die beschäftigen sich gerade mit einem Knochen. Anke Bracht